Frauen entlasten und stärken – von Arbeit muss frau gut leben können
Pressekonferenz Landesfrauenvorsitzende LAbg. Sabine Promberger und Landesrätin Gertraud Jahn am 8.7.2015
Eine typische Frauenbiographie in Kurzform: Abgeschlossene Schul-/Berufsausbildung, im Job dann weniger Gehalt als die männlichen Kollegen, Babypause, Wiedereinstieg meist nur mehr als schlecht bezahlte Teilzeitarbeitskraft, Doppel- und Mehrfachbelastung durch Beruf und Familie (nach der Kindererziehung werden in späteren Lebensjahren oft Angehörige gepflegt). Wenn frau dann vielleicht in den letzten Berufsjahren noch einmal auf Vollzeit aufstocken möchte, bekommt sie vom Arbeitgeber selten die Möglichkeit, und so setzt sich für viele Frauen der Weg von der Erwerbsarmut in die Altersarmut nahtlos fort.
Mittlerweile arbeiten in OÖ mehr als die Hälfte der Frauen Teilzeit. Allerdings zeigt ein Blick auf den aktuellen Frauenbarometer, den Frauenministerin Gabriele Heinisch-Hosek erst vor kurzem präsentiert hat, dass viele Frauen den Wunsch haben, auf einen Vollzeitarbeitsplatz zu wechseln: Jeder/r Vierte/e (Befragung Frauen und Männer)möchte die Arbeitsstunden aufstocken.
„Hier muss sich einiges ändern, und wir haben auch etliche Vorschläge, wie an die Problematik heran gegangen werden kann. Auf jeden Fall wollen wir die Frauen stärken, und sie müssen von ihrer Arbeit gut leben können. Durch die mehrfachen Belastungen dürfen ihnen nicht ein Leben lang Nachteile in allen möglichen Bereichen entstehen“, betont Landesfrauenvorsitzende LAbg. Sabine Promberger und sieht breiten Handlungsbedarf.
Die SPÖ Frauen setzen sich ein für:
• Qualitative Kinderbetreuungseinrichtungen – gerade die der Unter-Dreijährigen – müssen flächendeckend ausgebaut werden. Oberösterreich darf dem Barcelona-Ziel nicht mehr nachhinken.
• Ausbau spezieller Betreuungsangebote für besondere Situationen.
• Die echte Ganztagsschule endlich ausbauen – die Kinder werden bestmöglich gefördert, Lern-und Freizeit wechseln einander ab und beim Nachhause kommen bleibt wirklich reine Familienzeit. Eine Erleichterung nicht nur für Frauen, sondern für die ganze Familie.
• Lebensphasenorientierte Arbeitszeitgestaltung gesetzlich verankern – Einführung einer 6. Urlaubswoche
• Recht auf einen bezahlten Papamonat
• Aufbau der Pflegeangebote, die pflegende Angehörige unterstützen von Tageszentren bis zu Erholungsaufenthalten
• Außerdem ist es sinnvoll, mehr Sach- als Geldleistungen bei Care-Arbeit anzubieten.
„Mut machen alleine wird da nicht reichen!“, spielt Promberger auf die „Mutmach-Kampagne“ der Frauen-Landesrätin Hummer an. „Natürlich sollen Frauen ermutigt, ihre Fähigkeiten und Talente gefördert werden. Allerdings tun sich Frauen, die in der Tretmühle des Alltags stecken, da schwer: wenn sie ihre Kinder groß ziehen oder Angehörige pflegen, können sie nicht Vollzeit arbeiten – selbst wenn sie möchten und wenn die Rahmenbedingungen nicht passen, wird Wahlfreiheit sehr schnell zur leeren Worthülse.“
Unerhört und ungehört sind die Probleme vieler Frauen im Alltag
Wie geht es Frauen in Oberösterreich? Diese Frage haben sich die SP Frauen OÖ gestellt. Wir haben im Zuge unseres „Unerhört“ Projekts mit vielen Frauen in allen Lebenslagen gesprochen und verschiedene Frauenschicksale in OÖ beleuchtet. Schwerpunkt waren dabei Frauen, die sich schwer tun, ihren Alltag zu bewältigen: Sie stehen im Beruf, kümmern sich um die Familie – betreuen ihre Kinder, pflegen Angehörige, schupfen den Haushalt…..“, erläutert die Landesfrauenvorsitzende das Projekt.
„Seit ich meine Schwiegermutter pflege, fällt mir das Arbeiten gehen immer schwerer. Oft habe ich Angst, dass ich die Dreifachbelastung mit Arbeit, Haushalt und Pflege nicht mehr schaffe. Wenn das so weiter geht, muss ich auf Teilzeit reduzieren, oder die Berufstätigkeit aufgeben. Freizeit ist für mich mittlerweile ein Fremdwort“ – so und ähnlich lauteten Sätze, wie wir sie in vielen Gesprächen hörten.
Die sogenannte „Care“-Arbeit (Hausarbeit, Kinderbetreuung, Pflege von beeinträchtigten oder alten Familienangehörigen) wird überwiegend von Frauen – unentgeltlich – geleistet. Aber auch professionelle Pflege ist gesellschaftlich viel zu gering bewertet und dementsprechend niedrig entlohnt.
„Das große Problem dabei: Es gibt in der Gesellschaft eine stillschweigende Übereinkunft, dass unbezahlte Arbeit bei den Frauen hängen bleibt. Fazit: Es sind fast ausschließlich Frauen, die sich darum kümmern, wenn es darum geht, einen Kinderbetreuungsplatz zu finden, bei dem sich die Öffnungszeiten mit der eigenen Berufstätigkeit vereinbaren lassen. Es sind Frauen, die, falls notwendig, ihre Stunden reduzieren, wenn dann auch noch die Eltern zu pflegen sind. Alles in allem klassische Frauenthemen, die auf der politischen Tagesordnung selten ganz oben stehen“, sieht Sabine Promberger die Problematik nüchtern.
Die Fakten liegen klar auf der Hand:
Frauen verrichten ca. 123 Millionen Stunden Care Arbeit pro Woche – kochen, putzen, Pflege von Angehörigen, Kinderbetreuung, etc. – oft auf Kosten der eigenen Erwerbstätigkeit und schlussendlich auch auf Kosten der eigenen Gesundheit. Frauen leisten rund 27 Stunden unbezahlte Arbeit pro Woche, Männer nur 16.
Viele Frauen leiden auf vielfältige Weise unter der Mehrfachbelastung: Wenn sie wegen des enormen Arbeitsdrucks Stunden reduzieren oder gar nicht mehr berufstätig sind, müssen sie damit rechnen, später von ihrer Pension kaum leben zu können. Wer aber ein Leben lang mit den verschiedensten Belastungen klar kommen muss, gefährdet seine Gesundheit. Auch die Arbeiterkammer OÖ hält im aktuellen Frauenmonitor fest, dass bei Erkrankungen wie Erschöpfungssymptomen, Kopfschmerzen, Durchschlafstörungen gerade Frauen betroffen sind. Aufgrund der Mehrfachbelastungen können sich 28 % der Frauen nicht vorstellen, ihre Berufstätigkeit bis zum Regelpensionsalter durchzuhalten (Quelle: AK OÖ- Frauenmonitor 2015)
Insgesamt gibt es hier (im Verborgenen) ein Problem, weil viele Frauen ihre Belastung stillschweigend ertragen – zum Teil aus Scham, dann als ‚nicht leistungsfähig“ abgestempelt zu werden., So lange aber das „Werkl“ rennt, die Frauen tun, was man von ihnen erwartet, wird sich daran nicht wesentlich was ändern.
„Doch das Problem muss in Angriff genommen werden und eine Lösung könnte darin bestehen, Arbeitszeit zu reduzieren, zum Beispiel über lebensphasenorientierte Arbeitszeitmodelle, die es in Österreich zu forcieren gilt. „ Ich bin überzeugt, und das ist auch im Alltag immer stärker zu beobachten, dass junge Menschen beides wollen: Beruf und Familie“, dass ältere ArbeitnehmerInnen nicht zwangsläufig früher in Pension gehen möchten, sich aber nicht mehr dem vollen Arbeitsdruck aussetzen wollen,“ ist Promberger überzeugt, dass solche Modelle allen Beteiligten inklusive Arbeitgeber besser gerecht würden, auch wenn die Verwaltung von Arbeitszeitkonten mehr Aufwand ist.
Lebensphasenorientierte Arbeitszeit
Abhilfe könnte hier das oben genannte „lebensphasenorientierte Arbeitszeitmodell“ schaffen. Je nach Lebensabschnitt und individueller Situation hat eine Arbeitnehmerin verschiedene Erwartungen, Bedürfnisse und Wünsche. Eine derartige Form der Arbeitszeitgestaltung ermöglicht einen intensiveren Arbeitszeiteinsatz in bestimmten Lebensphasen, insbesondere in den ersten Berufsjahren, sowie einen verringerten Arbeitszeiteinsatz in anderen Lebensphasen, etwa während einer Ausbildung, Kinderbetreuungszeiten oder in der Zeit, wenn Angehörige zu betreuen/pflegen sind.
„Die Arbeitszeiten müssen in Zukunft besser an die jeweiligen Bedürfnisse der einzelnen Lebensphasen angepasst werden. Hierfür ist es notwendig, dass die arbeitgebenden Unternehmen mit ihren Beschäftigten etwa über ein Lebensarbeitskonto einen individuellen Arbeitsplan erstellen. Das kann wochen- oder jahreweise erfolgen. Für Unternehmen ist das freilich zu Beginn aufwändig. Das Beispiel der Firmen, die bereits damit arbeiten, zeigt aber, dass die Attraktivität des Betriebes erhöht wird“, hält Promberger fest.
„Damit wird auf die sich verändernden Lebensentwürfe der ArbeitnehmerInnen eingegangen – und speziell für Frauen, die derzeit in der Mehrfachbelastung durch Care-Arbeit stecken, kann dieses Arbeitszeitmodell eine große Verbesserung darstellen und frau läuft nicht mehr Gefahr nach einer Reduktion der Arbeitszeit nie wieder auf Vollzeit im Unternehmen aufstocken zu können“, zeigt Promberger auf und unterstreicht damit die Forderung der SPÖ Frauen, dass es das Recht auf einen Wechsel zwischen Voll- und Teilzeit innerhalb eines Betriebes geben muss.
Teilzeit – und was dann?
In Oberösterreich arbeiten besonders viele Frauen in Teilzeit. Zwar steigt die Frauenerwerbsquote in Oberösterreich: rund 70 % aller Frauen im erwerbsfähigen Alter sind berufstätig. ABER: die Hälfte ist nur teilzeitbeschäftigt.
2014 arbeiteten 49,2 % der berufstätigen Oberösterreicherinnen Vollzeit. Damit liegt OÖ knapp vor Vorarlberg auf dem vorletzten Platz. Im Vergleich zu den Vorjahren ist diese Quote noch weiter gesunken (2013: 50,1 %).
Die AKOÖ hat sich die Entwicklung bei atypischen Jobs bei Frauen seit 2004 genauer angesehen:
So hat etwa die geringfügige Beschäftigung zwischen 2004 und 2013 um fast ein Drittel (27,2 %) zugenommen. Leiharbeiterinnen haben sich – bis 2013 – mit einem Plus von 110 % quasi verdoppelt. Teilzeit arbeiteten 2014 um 31,6 % Frauen mehr als 2004.
Gründe für eine atypische Beschäftigung liegen meist – wie schon oben erwähnt – im fehlenden Kinder- und Pflegebetreuung. So haben z.B. die Städte Linz, Wels und Steyr die geringste Teilzeitquote in OÖ.
Sozial-Landesrätin Jahn
Die Pflege ist weiblich
Die Versorgung älterer Menschen mit Pflegebedarf ist ein viel diskutiertes Thema, das angesichts des demografischen Wandels noch an Gewicht gewinnt. Nach den aktuellen Berechnungen zur Bedarfs- und Entwicklungsplanung für die Altenpflege und- betreuung leben in Oberösterreich im Jahr 2015 knapp 80.000 pflege- und betreuungsbedürftige Personen. Diese Zahl wird in den Jahren 2020/2025/2030/2035 auf rd. 86.000/94.000/103.000/113.000 steigen.
Pflege erfolgt zum Großteil von Frauen im engsten Familienkreis
Eine vom Land OÖ in Auftrag gegebene Befragung bestätigt das bisherige Bild: Der überwiegende Teil der effektiven Pflegeleistung – zu jeweils rund 70 Prozent – wird informell, meist im familiären Kontext und unterstützt durch das Bundespflegegeld, erbracht. Von den 70 Prozent pflegenden Angehörigen sind es zum größten Teil die die weiblichen Familienangehörigen (Ehefrauen, Schwiegertöchter, Töchter), die pflegen und betreuen. Denn das „angeborene Pflegetalent“ gilt in der öffentlichen Wahrnehmung als Frauensache. So bestätigen Studien , , dass von rund 80 Prozent weiblichen pflegenden Angehörigen ausgegangen werden kann.
Eine Studie des IBE im Auftrag des Landes OÖ zeigt, dass es sich bei den zu pflegenden Personen mit Abstand am häufigsten um die eigenen Eltern (60,7%) handelt, gefolgt von (Ehe-)Partner/in (14%). An dritter Stelle stehen Schwiegereltern (8,1%).
LRin Jahn: „Pflegende Angehörige brauchen Unterstützung und Entlastung“
„Pflegende Angehörige übernehmen wichtige Aufgaben und brauchen aus diesem Grund auf verschiedenen Ebenen Unterstützung und Entlastung. Sie sind ohne Zweifel auch auf längere Sicht unverzichtbar und unersetzbar. Es ist mir ein besonderes Anliegen, dass es in Oberösterreich dafür unterschiedlichste, gut ausgebaute Angebote gibt“, so Sozial-Landesrätin Mag.a Gertraud Jahn.
Angebote für Pflegende Angehörige
AngehörigenEntlastungsDienst (AED): Der AED verfolgt unter der Prämisse eines möglichst langen Verbleibs in der vertrauten Umgebung insbesondere folgende Zielsetzungen:
o die langfristige und regelmäßige Entlastung pflegender Angehöriger bzw.
o die kurzfristige Entlastung z.B. bei Erkrankung pflegender Angehöriger ausschließlich im häuslichen Umfeld.
Veranstaltungsreihe „Pflege im Alter – Was tun, wenn Hilfe gebraucht wird?“: „Pflegende Angehörige stehen aufgrund ihres hohen Einsatzes unter enormem Druck und vor vielfältigen Problemstellungen: So finden viele aufgrund der großen zeitlichen Belastung kaum Möglichkeit, ihren eigenen Bedürfnissen und Interessen nachzugehen – oft wird bereits der Gang zu Behörden oder Ärzten zu einem schwer überwindbaren Problem“, weiß Sozial-Landesrätin Mag.a Gertraud Jahn. „Darum freute es mich sehr, dass SoNe – Soziales Netzwerk GmbH und das Diakoniewerk mit einer gemeinsamen Informations-Tour über unterstützende Angebote informieren und für Fragen rund um dieses Thema zur Verfügung stehen.”
Angebot an Kurzzeitpflegeplätzen in Alten- und Pflegeheimen: Zusätzlich zu den Langzeitpflegeplätzen werden in Oberösterreich in den Alten- und Pflegeheimen auch Kurzzeitpflegeplätze angeboten, in denen laut Alten- und Pflegeheimerhebung zum Stichtag 31.12.2014 252 Kurzzeitpflegegäste betreut wurden. Derzeit im Testbetrieb befindet sich die “elektronische Kurzzeitpflegebörse”.
• Casemanagementsysteme/Sozialberatung
• Betreuungsgruppen für demenzkranke Menschen: Dabei wird von ehrenamtlichen Mitarbeiter/innen – unterstützt von einer ausgebildeten Fachkraft – eine rund 3-stündige Betreuung in externen Räumlichkeiten angeboten.
• 24 Stunden-Betreuung
• Tagesbetreuung
• Angebote der Caritas: Die Caritas bietet Erholungstage für pflegende Angehörige und zu pflegende Personen an. Neben umfassenden Beratungs- und Bildungsangeboten führt die Caritas auch Gesprächsgruppen für pflegende Angehörige in 13 Bezirken zum gegenseitigen Erfahrungsaustausch durch. Mit dem Angebot P.A.U.L.A. erhalten pflegende Angehörige von Menschen mit Demenz Information über das Krankheitsbild und über den Umgang damit.
• Stammtisch für pflegende Angehörige
• Verein M.A.S. – Alzheimerhilfe – ein Angebot des Gesundheitsfonds: Neben sechs Demenzservicestellen in Ried, Micheldorf, Regau, Pregarten, Bad Ischl und Ottensheim wird vom Verein auch ein “Alzheimerurlaub – Urlaub für Betroffene und Angehörige mit Therapie angeboten. Pflegende Angehörige von Personen mit dementieller Erkrankung sowie Betroffene selber erhalten psychologische Beratung und Unterstützung.
• NNA – Angehörige nehmen Auszeit: ANNA ist ein Angebot der OÖ. Gebietskrankenkasse. Dabei wird für die pflegenden Angehörigen ein Kur oder Erholungsaufenthalt (mit umfangreichen Therapie- und Rahmenprogramm) angeboten und für die pflegebedürftigen Personen eine Lösung für deren Betreuung und Pflege organisiert.
• Maßnahmen des Bundes:
• Zuwendung zur Unterstützung pflegender Angehöriger des SOZIALMINISTERIUMSERVICE (ehemals Bundessozialamt): Für die Ersatzpflege (der pflegenden Angehörigen) wird unter gewissen Voraussetzungen eine jährliche Förderung von 1.200 bis 2.200 Euro gewährt.
• Weiterversicherung für pflegende Angehörige und
– Pflegekarenzgeld – Die Pflegekarenz/Pflegeteilzeit kann unter gewissen
– Voraussetzungen zur Pflege und/oder Betreuung von nahen Angehörigen vereinbart
– werden.
Der Grundbetrag des Pflegekarenzgeldes ist einkommensabhängig und gebührt in derselben Höhe wie das Arbeitslosengeld (55% des täglichen Nettoeinkommens, Berechnung anhand des durchschnittlichen Bruttoentgelts), zumindest jedoch in Höhe der monatlichen Geringfügigkeitsgrenze.
Unterstützungsangebote für Frauen durch Kinder- und Jugendhilfe
1. Angebote für Mütter mit Babys und Kleinkindern
Die ersten Lebensjahre sind für die Entwicklung eines Kindes ganz entscheidend. Die Kinder- und Jugendhilfe hat eine Reihe von Angeboten, die allen Eltern frei zugänglich sind und ihnen die Möglichkeit bieten, Sicherheit in der Erziehung zu gewinnen, Gelegenheit zum Erfahrungsaustausch und Anregungen zur Alltagsbewältigung zu finden. Diese Angebote werden zum überwiegenden Teil von Frauen genützt, die sich dort für die ersten Jahre mit dem Kind die nötige Unterstützung holen.
Für Eltern mit Kindern zwischen 0 und 3 Jahren ist die Eltern-/Mutterberatung eine wichtige Anlaufstelle. Je nach Bezirk und Eltern-/Mutterberatungsstelle können unterschiedliche Angebote in Anspruch genommen werden:
In jeder Eltern-/Mutterberatungsstelle können Eltern ihr Kind messen und wiegen lassen. Sozialarbeiter/-innen, Kinderkrankenschwestern oder Ärzte/innen beantworten Fragen, die sich in der ersten Zeit mit ihrem Kind ergeben.
In Eltern-/Mutterberatungsstellen mit ergänzender Fachberatung wird zusätzlich Stillberatung/ Ernährungsberatung und Psychologische Beratung angeboten.
Bezirke, die eine Leitstelle eingerichtet haben, bieten zusätzlich einen offenen Treffpunkt (Spielstube, Eltern- oder Babytreff) an.
Eltern-Mutterberatung gibt es derzeit an rund 170 Standorten.
Die fünf IGLU-Beratungsstellen sind Kom¬petenzzentren für den frühkindlichen Bereich und bieten Eltern-/Mutterberatung, Spielstube, Elterntreff, Babytreff, Psychologische Beratung, und sozialarbeiterische Beratung an. Die Zusammenarbeit von Sozialarbeit, Psychologie, Medizin, Still- und Ernährungsberatung unter einem Dach ermöglicht es Eltern, an einer Stelle ein umfassendes Beratungsangebot in Anspruch zu nehmen.
Eltern-Kind-Zentren sind familienergänzende Angebote, die Eltern in ihrer Rolle unterstützen und die soziale Kontakte zu Gleichaltrigen ermöglichen. Die Kinder- und Jugendhilfe fördert den offenen Zentrumsbetrieb, Spielgruppen, Vorträge für Eltern, Angebote rund um die Geburt sowie Kurse für Kinder und Eltern. Im Rahmen dieser Angebote können sich Eltern auch gegenseitig unterstützen, indem Sie sich über Alltagsprobleme austauschen.
→ Eltern-Kind-Zentren werden hauptsächlich von Gemeinden, Vereinen und privaten Initiativen betrieben. Es gibt 93 Standorte.
Elternbildungsangebote können alle nützen, die sich am Erziehungsprozess eines Kindes beteiligen und ihre Kompetenzen erweitern wollen. Durch die Inanspruchnahme des Angebots gewinnen sie neues Wissen und Sicherheit für den Erziehungsalltag. Die Kinder- und Jugendhilfe als Auftraggeber achtet darauf, dass qualifizierte, anerkannte Fachkräfte diese Bildungsangebote übernehmen. Der Themenbogen deckt das gesamte Kindheits- und Jugendalter ab.
→ 3 Anbieter führten 2014 324 Vorträge und Seminare sowie 216 mehrwöchige Workshops durch.
2. Unterhalt
Kinder haben, solange sie nicht selbsterhaltungsfähig sind, Anspruch auf Unterhalt. Beide Eltern haben zum Unterhalt zu gleichen Teilen beizutragen. Lebt ein Elternteil getrennt von seinem Kind, muss dieser seinen Anteil am Unterhalt des Kindes in Form eines Geldbetrages leisten (“Alimente”). In der Praxis kommt es recht häufig vor, dass Alimente nicht regelmäßig oder/und nicht in der vereinbarten Höhe bezahlt werden. Gerade für Alleinerzieherinnen mit geringem Einkommen kann dies existenzgefährdend werden. In solchen Fällen bietet die Kinder- und Jugendhilfe Unterstützung an. Insgesamt betrifft das derzeit rund 20.000 Kinder und Jugendliche in Oberösterreich. Die Unterstützung in Unterhaltsangelegenheiten ist somit jene Dienstleistung der KJH, die am häufigsten nachgefragt wird.
Laut Mikrozensus 2013 waren 87% der Ein-Eltern-Familien Familien mit Alleinerzieherinnen. Von diesen 17.400 Alleinerzieherinnen in OÖ profitieren rund zwei Drittel von der Unterstützung in Unterhaltsangelegenheiten ihrer Kinder.
Welche Unterstützung leistet die Kinder- und Jugendhilfe?
→ Die Kinder- und Jugendhilfe kann mit dem unterhaltspflichtigen Elternteil eine Vereinbarung über die Höhe des laufenden monatlichen Unterhalts sowie eine Ratenvereinbarung über die Begleichung von Rückständen abschließen. Dazu kann die Kinder- und Jugendhilfe beim Dienstgeber auch eine Lohnerhebung durchführen.
→ Kommt keine Zahlungsvereinbarung zustande oder zahlt der Unterhaltsschuldner trotz einer bestehenden Vereinbarung nicht, kann die Kinder- und Jugendhilfe entsprechende Gerichtsanträge stellen.
→ Wenn auch nach einem entsprechenden Gerichtsbeschluss kein Geld einlangt, wird Antrag auf Exekution gestellt. Im Jahr 2014 wurden 1.842 Exekutionsverfahren durchgeführt.
→ Kann auch auf diesem Weg der Unterhalt des Kindes nicht zur Gänze eingebracht werden (z.B. bei häufiger Arbeitslosigkeit des Kindesvaters), kümmert sich die Kinder- und Jugendhilfe um einen Unterhaltsvorschuss.
Unterhaltsvorschuss wird dann gewährt, wenn der Unterhaltsbetrag nicht oder nicht zur Gänze eingebracht werden kann, obwohl der zur Zahlung verpflichtete Elternteil zwar leistungsfähig, aber leistungsunwillig ist. Beispielsweise, wenn durch den sehr häufigen Wechsel des Arbeitsplatzes Lohnpfändungen kaum Erfolg bringen.
Im Vorjahr wurde in 9.497 Fällen Unterhaltsvorschuss geleistet.
Erfahrungen aus der Praxis zeigen, dass Unterhaltsleistungen oft nur in sehr geringer Höhe möglich sind.
Das Risiko der Armutsgefährdung ist in Alleinerzieherfamilien signifikant höher als im Rest der Bevölkerung. Laut Statistik Austria haben Personen in Ein-Eltern-Haushalten mit 27% eine besonders hohe Armutsgefährdungsquote unter den Haushalten mit Kindern.
Lücken im Unterhaltsbereich
Die Höhe des Unterhalts richtet sich nach der Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen. Bei sehr geringem Einkommen ist daher auch der Unterhaltsbetrag sehr gering. Ist ein Unterhaltspflichtiger gar nicht leistungsfähig, weil das Einkommen unter dem Existenzminimum liegt oder wegen Krankheit oder Behinderung gar kein Einkommen erzielt wird, dann kann es vorkommen, dass gar kein Unterhalt gezahlt werden muss.
Besondere Härtefälle entstehen, wenn der Elternteil, bei dem das Kind lebt, bestimmte Einkommensgrenzen geringfügig überschreitet, sodass Sozialleistungen wie z.B. die Bedarfsorientierte Mindestsicherung nicht greifen. Besteht keine Leistungsfähigkeit des unterhaltspflichtigen Elternteils, gibt es darüber hinaus auch keinen Anspruch auf Unterhaltsvorschuss. Diese Personengruppe hat weder Ansprüche nach dem Unterhaltsvorschussgesetz noch auf Sozialleistungen.
Schon kurz nach ihrem Amtsantritt hat sich die oö. Sozial-Landesrätin für einen Lückenschluss im Unterhaltsvorschussrecht stark gemacht. Im vergangenen März wandten sich die Kinder- und Jugendhilfereferent/innen im Zuge ihrer Konferenz gemeinsam an den Bund mit der Forderung, die bisher rechtlich nicht erfassten Fälle zu regeln.
3. AlleinerzieherInnenurlaub
Niedriges Einkommen über einen längeren Zeitraum kann zu einem absolut niedrigen Lebens¬standard führen. Wesentlichste Einschränkungen betreffen dabei, dass sich Familien unerwartete Ausgaben nicht leisten können (z.B. den Ersatz für den kaputten Kühlschrank). Auch Urlaube sind trotz sparsamstem Wirtschaften dann nicht mehr möglich. Die höchste Quote erheblicher ma¬terieller Deprivation wird in Haushalten mit drei oder mehr Kindern (12%) bzw. in Ein-Eltern-Haushalten (11%) verzeichnet. In solchen Familien zu leben, bedeutet ein dreifaches höheres Armutsrisiko gegenüber dem Bevölkerungsdurchschnitt.
Die Kinder- und Jugendhilfe bietet jedes Jahr für 30 Familien Alleinerzieher/innen-Urlaube an. Das sind organisierte Erholungsurlaube (1 Woche) für Alleinerzieher/innen mit Kindern bis zwölf Jahre, die unter einer bestimmten Einkommensgrenze liegen. Von den 3 Turnussen mit jeweils 10 Familien ist ein Turnus auch für männliche Alleinerzieher offen. Die Inanspruchnahme durch Männer ist sehr gering – nicht zuletzt auch, weil durch den durchschnittlich höheren Verdienst die Einkommensgrenze von Männern nicht so häufig unterschritten wird.
Mit diesem Angebot sollen die Familien aber nicht nur materiell entlastet werden. Durch das angebotene Freizeitprogramm und die Kinderbetreuung für die ganz Kleinen wird auch die Möglichkeit geboten, sich kleine Auszeiten von Erziehungsalltag zu nehmen.
4. Hilfen zur Erziehung und Alltagsbewältigung
„Erziehung ist kein Spaziergang, sondern vielmehr ein Alleingang von Frauen. Denn die Erziehung der Kinder liegt nach wie vor in den Händen der Frauen“, formulierte das Österreichische Institut für Familienforschung der Universität Wien aufgrund einer Studie im Jahr 2007. Mütter fühlen sich mehr für die Betreuung und Erziehung der Kinder verantwortlich als Väter – und dementsprechend auch doppelt so oft überfordert. Genährt wird das Gefühl der Überforderung durch die hohen Ansprüche, die die Eltern an die Erziehung der Kinder stellen. Alleinerziehende und Patchwork- bzw. Stieffamilien sind hier aufgrund der Häufung belastender Lebensumstände besonders gefährdet.
Belastende Lebensumstände führen häufiger zu Vernachlässigung und Gewalt in den Familien. Aus diesem Grund hat die Kinder- und Jugendhilfe in OÖ einen besonderen Schwerpunkt gesetzt, Hilfe in Belasteten Familiensituationen. Durch möglichst frühzeitige Hilfen soll schwerwiegenden Gefährdungen von Kindern und Jugendlichen vorgebeugt werden. Hilfen zur Erziehungs- und Alltagsbewältigung sollen vor allem grundlegende Versorgungs- und Betreuungsstrukturen gewährleistet werden.
In vielen Bezirken hat die Kinder- und Jugendhilfe eigene Soziale Dienste zu diesem Zweck eingerichtet. Durch ambulante Betreuung von Familien wird in erster Linie praktische Unterstützung im Alltag geleistet. Ziel ist, Defizite auszugleichen, damit die Grundbedürfnisse der Kinder in den Familien gesichert werden. Die Unterstützung orientiert sich an der individuellen Familiensituation – z.B. Unterstützung bei Haushaltsführung, Tagesplanung, Freizeitgestaltung, schulische Unterstützung (Hausaufgaben, Lernen), Säuglingspflege, Hygiene und Pflege allgemein, Umgang mit Behörden, usw.. Die Betreuer/innen zeigen in ihrer Arbeit mit den Familienmitgliedern positive Handlungsmöglichkeiten auf. Für die Familie ist die Betreuung in der Regel kostenlos, die Kosten trägt der Sozialhilfeverband.
5. Wohnen
Für Mütter, die aus akuten Gründen von Wohnungslosigkeit bedroht sind (z.B. nach einer Scheidung, oder wenn junge Mütter ohne eigene Wohnung nicht länger von Eltern aufgenommen werden), ist es oft eine unüberwindliche Hürde, ein leistbares Dach über dem Kopf zu finden. Die Kinder- und Jugendhilfe finanziert in Linz 3 Mutter-Kind-Häuser mit 24 Wohnplätzen, die neben der Wohnmöglichkeit auch Begleitung und Anleitung der jungen Frauen in lebenspraktischen Fragen anbieten.
Obdachlosigkeit von Jugendlichen und jungen Erwachsenen ist in unserer Gesellschaft ein Tabuthema, trotzdem gibt es sie. In Linz finden minderjährige Mädchen und junge Erwachsene Frauen, die akut wohnungslos sind, im UFO, in der Notschlafstelle für Jugendliche, für maximal 3 Monate eine Schutzzone und Existenzsicherung. Von den 2.100 Nächtigungen im UFO im Vorjahr entfiel ein Drittel auf Mädchen/junge Frauen.
Es gibt derzeit je 10 Plätze (+ je 3 Notbetten) für Mädchen und Burschen. Mindestens eine weitere Notschlafstelle außerhalb des Zentralraums wäre dringend erforderlich.